Written by H. Petersen

Vor- und Nachteile externer ERP-Berater

Jede ERP-Einführungen ist individuell. Dass die Implementierung in allen Bereichen und durch alle Phasen reibungslos funktioniert, ist äußerst unwahrscheinlich. Die Aufnahme sämtlicher zu berücksichtigenden Geschäftsprozesse sowie die Zusammenführung und Koordination der Umsetzung ist ein derart komplexes Unterfangen, in dem Probleme und weitere Diskussionen eher die Regel als die Ausnahme sind.

Lösungen für diese sehr individuellen Herausforderungen zu definieren, ist die Kernkompetenz externer ERP-Berater. Neben Wissen über (branchentypischen) Unternehmensprozessen sollten sie idealerweise über Branchenerfahrungen des ERP-Marktes sowie den Vorgehensweisen von ERP-Projekten verfügen. Aber kann eine außenstehende Person überhaupt einen so großen Spagat aus tiefgründingen, internen Abläufen und notwendigen Weitblick leisten? Erläuterungen über – evtl. auch historisch gewachsenen – Prozessen schaffen einerseits ein Bewusstsein über langfristig eingeschlichene Ineffizienzen und kritische Fragen sowie Diskussionen ermöglichen es, neue Wege gemeinsam und effizient zu gestalten.

Interne und externe Beratung: Gibt es denn einen signifikanten Unterschied zwischen beiden? Betriebsleiter, die in der Lage sind, ein Team interner Berater aufzubauen oder externe Berater einzustellen (und somit als Kunde zu fungieren), sollten die Vor- und Nachteile – ob verdient oder nicht – bewerten können, wenn sie sich zwischen den beiden Beratungsmodellen entscheiden. Darüber hinaus sollten diejenigen Entscheider ebenfalls die Nuancen zwischen internen und externen Beratern verstehen.

Vorteil Nr. 1: Etablierter Ruf & Branchenexpertise

Große Beratungsunternehmen wie McKinsey, Bain und die Boston Consulting Group haben seit Jahrzehnten ihren Ruf als beste Strategieberater bewahrt. Mit dem Fachwissen geht jedoch auch ein hoher Preis einher, den viele Kundenunternehmen nicht so gerne abhusten. Ihr Ruf geht ihnen jedoch aus gutem Grund voraus, nachdem sie mit mehreren großen, einflussreichen Unternehmen zusammengearbeitet haben. Trotz der Kosten haben externe Berater Vorteile, die interne Berater aufgrund ihres langfristigen Rufs für gute Arbeit und die Einstellung der besten MBA-Absolventen der besten Schulen nicht unbedingt wiederholen können.

Vorteil Nr. 2: Externe Objektivität

Von außen betrachtet können Berater das Unternehmen und die Branche insgesamt objektiver aus der Vogelperspektive betrachten. Anstatt sich zu sehr in ein bestimmtes Unternehmen zu vertiefen (Betriebsblindheit), sollten externe Berater an der Spitze der Branche stehen. Sie haben nicht nur eine breite Perspektive, sondern ein erfahrener Berater hat auch mehrere Erfahrungen mit anderen Unternehmen in derselben Branche gesammelt, die vor ähnlichen Herausforderungen standen. Daher können sie Erfahrungen aus der Vergangenheit in ihre aktuellen Projekte und Engagements einfließen lassen.

Vorteil Nr. 3: Expertenstatus

Ein weiterer Vorteil der mangelnden Integration in die Arbeitsprojektumgebung ist die Fähigkeit, als Experte und nicht als Peer angesehen zu werden. Aufgrund des Mangels an konkretem Verständnis der Rolle können interne Berater nur als ein weiteres Paar Hände angesehen werden, um Änderungen innerhalb der Organisation vorzunehmen. Stattdessen werden externe Berater nur aufgrund ihres Fachwissens und ihrer Fähigkeit eingestellt, Änderungen für ein bestimmtes Geschäftsproblem vorzunehmen. Dies bringt mehr Klarheit und Konzentration in die Rolle und hilft, die Bemühungen auf das jeweilige Projekt zu konzentrieren, und trägt häufig dazu bei, das Kunden-Buy-In sicherzustellen.

Nachteil Nr. 1: Den Punkt verfehlen

Während interne Berater die Unternehmenspolitik innerhalb des Unternehmens bekämpfen, betrachten Mitarbeiter externe Berater häufig mit Misstrauen. Dieser Ruf ist zum Teil verdient. Viele Berater kommen in eine Organisation, ohne das Unternehmen zu verstehen oder bereit zu sein, Meinungen zu hören. Stattdessen versuchen sie oft, einheitliche Strategien umzusetzen, die ihnen entweder von ihren Beratungsunternehmen oder aus früheren Beratungserfahrungen beigebracht wurden. Das Wissen anderer Berater kann oft hilfreich sein, gilt jedoch nicht unbedingt für alle ähnlichen Situationen.

Nachteil Nr. 2: Übergabe des Buck / Implementierungsrisikos

Externe Berater sehen sich auch mit dem schlechten Ruf konfrontiert, hereinzukommen, Lösungen vorzustellen und zu gehen. Dieses Verhalten lässt viele Unternehmen ohne einen soliden Spielplan zurück und führt dazu, dass sie im Implementierungsprozess ins Wanken geraten. Externe Berater bleiben in der Regel nicht an Bord, nachdem sie ihre verschiedenen Strategien vorgeschlagen haben, und die meisten Kunden möchten sie auch nicht später bezahlen. Leider geben Kunden viel zu viel Geld für zu wenig Veränderung aus.

Zusammenfassung

Insbesondere bei komplexen Organisationsprojekten, bei denen u.a. ein umfangreicher Entscheidungsprozess (ERP-Auswahl inkl. Lastenhefterstellung), eine intensive Prozessanalyse zur Optimierung interner Abläufe sowie die Erfordernis tiefgehender Branchenexpertise im ERP-Umfeld des Zielmarkts kann es häufig sinnvoll sein, einen externen Berater bzw. Projektleiter für diese Tätigkeit zu bestellen. Es ist jedoch sicherzustellen, dass dieser ausreichend Zeit für ein umfassendes Unternehmensverständnis erhält und eine mittel- bis langfristige Betreuung sichergestellt ist.